Gefangen

Das ist also mein allererster offizieller Beitrag!

Ich habe dieses Jahr an der elften Ausgabe des „literarischen Wettbewerbs des Amtsgerichts Leipzig“ mit dem Thema „Gefangen“, zusammen mit 410 anderen Schülern aus Sachsen, teilgenommen. In meiner Kategorie habe ich den ersten Platz belegt – Noch nie habe ich mich so über etwas gefreut, glaubt mir. Jetzt würde ich meinen Beitrag gerne mit euch teilen!

Freiheit in Ketten

Ich bin ein normales Mädchen, gefangen im Hier und Jetzt.
Bequem ist das Sofa, auf dem wir Beide sitzen. So nah beieinander. Ein Kopf auf meiner Schulter, ein Paar Beine über meinen. Es ist kuschlig warm im Hier und Jetzt – wie lange noch?

Ich bin ein normales Mädchen, gefangen im Schweigen.
Es macht alles so viel einfacher. Wieso reden, wenn man sich auch ohne Worte versteht? Wieso die Stille zerbrechen, wenn sie es doch ist, die uns in diesem wunderbaren Moment gefangen hält? Der Moment schmeckt nach Zuhause und einem längst vergessenen Gefühl der Zufriedenheit. Er riecht wie der schönste Sommertag, oder Weihnachten. Er kann alles sein, was du willst.

Ich bin ein normales Mädchen, gefangen im Moment.
Das Schweigen spricht mit mir. Es flüstert mir Sachen zu, die mir die Haare zu Berge stehen lassen. Warum tu ich mir das alles noch an? Nichts von dem sollte sein und ich wünschte, es wäre nur geträumt. Denn Träume sind ungefährlich. Dieser Moment ist das Gegenteil davon, ist alles andere als ungefährlich – und trotzdem fühlt es sich so richtig an. Wie kann das sein?

Ich bin ein normales Mädchen, gefangen in seinen eigenen Gedanken.
Sie sind so laut in meinem Kopf, dass ich das Flüstern der Stille kaum noch verstehe. Wie kann man so zufrieden und unzufrieden zur gleichen Zeit sein? Mein Kopf ist ein Chaos, während wir ruhig auf dem Sofa liegen. Ich sollte mich schnell distanzieren, aber Nähe tut so gut, wenn man sie schon sein ganzes Leben vermisst. Ich kann darauf jetzt nicht einfach verzichten.

Ich bin ein normales Mädchen, gefangen in seinen Gefühlen.
Hätte mir irgendjemand mal gesagt, dass ich mich an diesem Punkt befinden würde – was hätte ich getan? Hätte sich überhaupt etwas geändert? Gott, was kann man schon gegen Liebe machen? Denn nichts Anderes ist das hier, nur deswegen ist es so bequem in dieser unbequemen Position. Nur deswegen gefällt mir das Hier und Jetzt. Nur deswegen ist es ein angenehmes Schweigen und nur deswegen, verstehe ich, was mir dieses sagen will. Nur deswegen bin ich gefangen in diesem Moment – sonst wäre er nichts Besonderes. Sonst würde er einfach vergehen, wie jeder andere auch. Aber der ist einer der für immer bleibt, ich bin für das ewige Jetzt darin gefangen.

Ich bin ein normales Mädchen, aber normal ist Definitionssache.
Ich kann nicht einfach Gefühle für die Person neben mir empfinden. Ich darf nicht, das ist nicht normal. Aber was kann ich dagegen tun? Ich muss gehen, aber ich will doch eigentlich gar nicht. Meine eigenen Gefühle liegen in Ketten und nur das Mädchen neben mir hat einen Schlüssel.

Sie ist ein außergewöhnliches Mädchen, was sich für normal hält und ich bin gefangen in ihrem Anblick. Worte hallen durch meinen Kopf, die dort genauso gefangen sind. Sie bedeuten nichts Gutes, sind gemein. Aber wen interessiert es schon?

Egal wie oft ich versuche auszubrechen, es geht nicht. Ich bin ratlos, denn heißt das nicht es muss so sein? Es muss so sein, wie es jetzt ist?

Ich zähle die Sekunden und warte bis der Moment zu Ende geht.
Und dabei wir mir etwas klar: Sie ist ein Mädchen und ich bin ein Mädchen und ich liebe sie. Es ist okay. Auch wenn alles um uns herum mich gefangen nimmt, mich sogar meine eigenen Gefühle in Ketten legen, bedeuten diese Ketten nichts. Sie halten mich nicht an einem Ort gefangen, sondern an ihr – und wir sind zusammen frei.

Nichts kann einem die Freiheit nehmen, aber wer will schon alleine frei sein?

Ich bin ein normales Mädchen, dass in ihrer Freiheit gefangen ist, und besser könnte es nicht sein.


So, ich hoffe es hat euch gefallen! An die Schüler unter euch: Jeder Schüler aus dem Freistaat Sachsen darf teilnehmen. Der Wettbewerb findet jedes Jahr unter einem anderem Thema statt.
Ich würde mich über Kommentare freuen!

6 Kommentare zu „Gefangen“

  1. Du freust dich Also über Kommentare, ja? Dann wird es wohl langsam Zeit…😊

    Jessy, zurecht wurdest du für diesen Text belohnt.
    Ich finde es unglaublich faszinierend, wie du dich über die vielen Jahre, die wir uns nun schon kennen, entwickelt und selbst gefunden hast. Die Art, wie du schreibst, fesselt mich und sicher auch viele andere. Du vermittelst diese Gefühle fantastisch, sowas habe ich selten erlebt.
    Bleib dir treu und glaube an dich, so findest du den richtigen Weg.

    Hoffentlich sehen wir uns bald wieder.

    Liebste Grüße aus Salzburg.

    Dominik.

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  2. Hallo Jessy!
    Zum einen muss ich Dominik Walz absolut recht geben, du hast den ersten Platz des Wettbewerbs zurecht verdient! Zum anderen kann man das Thema ‚Gefangen‘ sehr vielseitig betrachten. Mich würde interessieren, wie du auf die Idee kamst, über die gleichgeschlechtliche Liebe zu schreiben? :)
    LG Invisible

    Gefällt 1 Person

    1. Hey Invisible,
      Dankeschön!
      Und naja: ich bin in der LGBTQI+ Community, damals noch ungeoutet und verliebt :’D Das war einfach eine sehr kreative Mischung!
      Schön das es dir gefallen hat :)
      Liebe Grüße
      Jessy

      Gefällt 1 Person

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